Zuletzt aktualisiert am 11. Dezember 2023 von Tanja

Für die Generation meiner Großeltern war es noch selbstverständlich, dass der eigene Garten in erster Linie dazu diente, die Familie mit Lebensmitteln zu versorgen. Mit dem Wirtschaftswunder schwand die Sorge, um genug zu essen, denn die industrielle Landwirtschaft produzierte dank Mineraldünger viel und günstige Nahrung. So schrumpften vielerorts, besonders in den westlichen Bundesländern, die Selbstversorgergärten immer weiter und wurden zu reinen Ziergärten mit Rasenflächen und Blumenbeeten. Pflegeleicht und schön ordentlich war die Devise. Doch schon seit etlichen Jahren findet ein Umdenken statt: Regional, Bio, Nachhaltig, so wünschen wir uns unser Gemüse, Obst und Kräuter. Und was liegt da näher als im eigenen Garten «einkaufen» zu gehen.

„Aber lohnt sich das denn überhaupt?“ Wer diese Frage stellt, denkt vorrangig daran, ob es sich finanziell lohnt. Muss es das denn unbedingt? Ich möchte meine Liste, warum es sich lohnt eigenes Gemüse anzubauen, mit den vielen anderen Gründen beginnen und erst ganz zum Schluss damit abschließen, dass sich auch bare Münze sparen lässt.

20 Gründe selbst Gemüse anzubauen

1. Frische

Gerade gepflückt und schon in der Salatschüssel oder im Kochtopf. Frischer als aus eigenem Anbau können Salat, Kräuter und Gemüse nicht sein.

2. Geschmack

Viele erinnern sich noch an den Geschmack von früher. Als Erdbeeren, Tomaten und sogar Salat noch richtig Eigengeschmack hatten. Was heute im Supermarkt liegt, sieht häufig nur noch gut aus. Wichtig ist Transportfähigkeit und lange Lagerzeiten ohne optische Verluste, da kann man nicht auch noch Geschmack erwarten. Selbst dort, wo auf der Packung „Aroma-Tomate“ (echt jetzt?) steht, ist kein Aroma drin. Für den eigenen Anbau können wir dagegen Sorten mit inneren Werten wählen.

3. Verfügbarkeit

Das Essen ist nur ein paar Schritte von der Küche entfernt. Insbesondere Kräuter sind so immer aromatisch und frisch verfügbar. Aber auch mit schnell wachsendem Gemüse, wie Radieschen, Rucola und Salaten klappt bei guter Planung die «Vorratshaltung» im Beet. Ich versuche zum Beispiel stets Pflücksalat im Beet verfügbar zu haben, was natürlich nicht immer gelingt, aber erstaunlich lange.

4. Haltbarkeit

Gekauftes Gemüse muss möglichst schnell verarbeitet werden. Im Beet haben viele Gemüse eine lange Ernteperiode oder können problemlos etliche Tage bis Wochen weiterwachsen bis wir sie brauchen.

5. Wunder

Ein Samenkorn in die Erde zu legen und zu sehen, wie daraus eine Pflanze wächst, fasziniert mich immer wieder von neuem. Es ist jedes Mal wieder ein kleines Wunder.

Ein paar Wochen später gibt es hier Kohlrabi.

Kinder lieben es selbst zu gärtnern…

Tisch mit geerntetem Gemüse.

Reiche Ernte: Möhren, Zwiebeln, Buschbohnen und Zuckermais.

6. Bildung

 Für Kinder ist es so wichtig zu wissen (und auch zu erleben!), dass Gemüse nicht im Supermarkt wächst. Die Handy-Spiele «Farmville» und Co. sind kein Ersatz dafür, die Hände in die Erde zu stecken. Ein Gemüsegärtchen schenkt Spannung, Spiel und Sch … nittlauch.

7. Glück

Eine Möhre aus der Erde ziehen, in eine sonnenreife Tomate zu beißen, eine Biene beim Bestäuben der Blüten zu beobachten, den Erntekorb in die Küche zu tragen … Gemüse macht glücklich.

8. Inspiration

Was kochen wir heute? Die gerade erntereifen Zutaten inspirieren zum kreativen Kochen und neuen Rezepten. Experimente im Gemüsegarten, neue Sorten, Gemüse, die man noch gar nicht kannte, bereichern auch die Küche.

9. Sicherheit

Die Gewissheit, wo meine Nahrungsmittel herkommen und, dass sie garantiert nicht mit Giften behandelt wurden.

10. Jahreszeiten

Im Gemüsegarten erleben wir jede Jahreszeit bewusster. Alles hat seine Zeit und jede Saison ist ein Neubeginn. Wer nach den 10 Jahreszeiten der Natur gärtnert, beobachtet die Entwicklung der (Zeiger)-Pflanzen besonders aufmerksam, denn sie verraten uns den perfekten Zeitpunkt für viele Tätigkeiten im Garten.

Lila Möhren sind nicht nur eine Augenweide, sondern auch besonders gesund.

Salat mit Geschmack und Biss: der Römersalat ‚Forellenschluss‘.

Bunt, bunter, ‚Lila Luzi‘: die Chili reift von lila über gelb und orange zu rot und liefert scharfe Schoten.

11. Gesundheit

Selbst angebaute Gemüse sind vitalstoffreicher. Neben der Sortenwahl nach «inneren» Werten, wie z.B. die lila Möhren oder rote Kartoffeln, bilden Pflanzen, die Wind, Wetter und Fraßfeinden ausgesetzt sind, mehr gesunde Stoffe aus. Und Bewegung an der frischen Luft schadet ja auch keinem.

12. Wissen

Wir erwerben uns Kenntnisse, wie wir Nahrungsmittel im eigenen Garten selbst produzieren können und jedes Jahr lernen wir Neues. So schaffen wir uns ein Stück Unabhängigkeit. Dazu kommt eine viel höhere Wertschätzung für unsere Lebensmittel.

13. Erhalt der Vielfalt

Es gibt eine schier unerschöpfliche Nutzpflanzenvielfalt – noch. Alte Sorten, regionale Spezialitäten müssen angebaut werden, um sie zu erhalten. Nur durch den regelmäßigen Anbau können sich Pflanzen an ändernde Umweltbedingungen anpassen. Vereine, wie der VEN (Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt) oder Arche Noah und regionale Vermehrungsgärten geben gerne Saatgut zur Vermehrung ab.

14. Entdeckungen

So umfangreich die Auswahl im Supermarkt auch auf den ersten Blick scheint, es wird nur ein winziger Bruchteil von Sorten angeboten. In eigenen Garten können auch außergewöhnliche Gemüse(sorten) und Spezialitäten angebaut werden, die im Handel kaum zu bekommen sind.

15. Unverpackt

Gemüse, Kräuter, Salate aus dem eigenen Garten brauchen keine Verpackung. Wir sparen so eine Menge Plastikmüll, der dann auch nicht auf einer Deponie in Südostasien landet. Hier ein Artikel vom NABU über den Export von Plastikabfällen. 

Tisch mit geerntetem Gemüse.

Wildbiene beim Bestäuben einer Blüte der Salatgurke.

Raupe des Schwalbenschwanz am Möhren-Laub.

Eine Pelzbiene, die hier an den Kräutern Nektar schlürft.

16. Transportwege

Wenn unser selbst angebautes Gemüse auf unserem Teller landet, hat es aus dem Garten hat nur einige Meter und nicht tausende Kilometer Transportweg hinter sich. Das schont nicht nur unseren Planeten, sondern auch die Vitamine.

17. Lebensraum

Unser Bio-Gemüsegarten ist ein Ort der Artenvielfalt und bietet zahlreichen Insekten, Würmern, Spinnentieren, Kleinsäugern und Vögeln Nahrung und Unterkunft. Eine spannende Sendung lief kürzlich in der ARD: «Naturwunder Gemüsegarten»

18. Schönheit

Meiner Meinung nach muss ein Gemüsebeet einem Blumenbeet in puncto Schönheit nicht nachstehen. Ein üppiges Gemüsebeet ist ein toller Anblick und gehört sicher nicht an das Ende des Gartens verbannt. Und erst der Radicchio Castelfranco… schön wie ein Kunstwerk …

19. Nachhaltig

Alles Gemüse, das nicht verzehrt wird, wandert keinesfalls in den Müll, sondern ist Ausgangsstoff für Gärtners Gold, dem Kompost. Den nährstoffreichen, eigenen Kompost benötigen wir beim Wechsel der Kulturen im Quadrat als Dünger und zur Herstellung von Mel’s Mix. In meiner Küche steht zudem ein Bokashi-Eimer in dem die Küchenabfälle fermentiert und anschließend kompostiert oder als Futter fürs Bodenleben in einem leeren Quadrat direkt im Beet versenkt werden.

20. Sparen

Da legst du eine Kartoffel in die Erde und ein paar Monate später kannst du zehn Stück ernten. Kann da mal jemand bitte die Rendite ausrechnen? Oder 100 Stück Kopfsalat für gut 3 € (Bio-Saatgut). Ja, aber was ist mit der ganzen Arbeit? Ich verweise auf die Punkte 1-19, da wird doch ein bisschen Garteln drin sein.
Eine spannende Rechnung hat der Franzose Rodolphe Grosléziat in seinem Buch «Unser Garten ist Gold wert» aufgemacht. In der Bilanz seines Erntejahres hat er den Wert seiner Produktion, gerechnet an den Preisen im Bioladen, mit 3.447,38 € ermittelt. Für den gesamten Garten, Zier- und Nutzgarten hat er 247 Stunden, also ca. 30 Tage, mit Gartenarbeit verbracht, einen großen Teil allerdings mit Rasenmähen und der Pflege der Teichanlage und er hat auch nicht mal im Quadrat gegärtnert.

Spinat wächst schnell und unkompliziert und kann zwei bis dreimal geerntet werden.

Vielfalt im Quadratbeet: Erbsen, Möhren, Zwiebeln, Spinat, Salat, Kohlrabi im Frühjahr.

Erste Kartoffelernte von 1 gelegten Kartoffel, es folgt noch eine weitere Ernterunde.

Das sind meine 20 Gründe, warum ich den Gemüseanbau so liebe und nicht missen möchte.

Was ist dein Warum?

Schreibe mir hier in die Kommentare, welcher Grund dir besonders wichtig ist und warum du zu Saatgut und Schaufel greifst und selbst anbaust.